Vorbereitung 2018

An Alle, die unser Projekt organisatorisch, materiell-finanziell und auch mit Zuspruch unterstützen.

Vom 12. bis 25. Oktober waren wir wieder unterwegs, um unser Engagement in Huaraz/Peru fortzusetzen.

Die Reisevorbereitungen waren diesmal mit unerwarteten Problemen bei der Beschaffung der offiziellen Zollpapiere in der Regionalregierung Ancash überschattet. Das hat unseren Freunden vor Ort, aber auch uns einiges an Zeit, Kraft und Nerven gekostet. Noch wenige Tage vor Abflug stand alles auf der Kippe. Ohne diese Papiere wäre ein Passieren der Flughafenkontrolle mit unserem sehr speziellen Gepäck sehr wahrscheinlich gescheitert. Warum eine zuständige Behörde ablehnt, wozu sie da ist, wird uns ein Rätsel bleiben. Zwischenzeitlich hat sich Christa mit ihren Erfahrungen mit eingebracht und versucht einen Weg als Spendenübergabe an das Hospital in Huaraz zu finden. Da wir dafür das peruanische Konsulat in Berlin mit ins Boot holen mussten, hat Antje neben ihrem vollgepackten täglichen Job diverse Male mit Mitarbeitern der Botschaft/Konsulat telefoniert.
Plötzlich kam dann eine Email mit Anhängen von Rafael Pais, Anästhesiekollege aus Huaraz, den wir schon seit vielen Jahren als guten Freund kennen.

Er war nochmal mit Cesar Vivar in der Regionalregierung in Huaraz. Und warum auch immer, alle Papiere mit dicken Stempeln waren da. Deutlich entspannter konnten wir uns nun auf den Weg machen.
Die Zollkontrolle nahm zwar einige Zeit in Anspruch, war mit unseren Listen und Dokumenten aber letztendlich entspannt. Schön war dann der Empfang danach. Große Anke und Hartmut waren schon vorgereist um ihre Patenfamilie zu besuchen. Sie hatten auch schon den ersten kleinen Patienten mit Papa dabei, aber dazu später noch etwas mehr.

Christa Stark war in Lima und lies es sich natürlich nicht nehmen uns zu begrüßen. Aber die Wehmut nicht nach Cajamarca zu reisen, war umso heftiger. Wir hatten vor Abfahrt des Nachtbusses nach Huaraz noch Gelegenheit unsere Gedanken zur Zukunft der Versorgung der Patienten in Cajamarca auszutauschen.
In unserem letzten Reisebericht haben wir bereits angedeutet, dass wir uns zurückziehen wollen. In Cajamarca hat sich im Laufe der vielen Jahre einiges verändert. An erster Stelle muss genannt werden: Es gibt plastische Chirurgen, welche die OP-Techniken beherrschen. Dr. Oscar Julcamoro hat unsere OP-Kampagnen seit 2010 begleitet. Für ihn haben wir eine Weiterbildung in Brasilien mitfinanziert. Und wir haben ihn mit Instrumenten unterstützt. Das Etablieren der notwendigen Strukturen für eine interdisziplinäre Versorgung der Patienten mit Lippen- Kiefer- Gaumenspalten ist sicher ein zäher Prozess, welcher viel Engagement und finanzielle Mittel bedarf. Wir haben einen Kontakt mit der deutschen Organisation „Cleft Kinderhilfe“ hergestellt. Diese unterstützen ausschließlich inländische Ärzte, welche sich den Patienten mit LKGS-Spalten widmen. Eine Erfolgsgeschichte ist das Projekt „Qorito“ unseres befreundeten peruanischen Kollegen Alberto Bardales in Lima. Nur leider wurde ein erster Kontakt nicht weitergeführt. Ob dieser Weg doch eine Sackgasse ist, muss sich in nächster Zeit zeigen. Um ehrlich zu sein, wir fühlen uns hin und hergerissen. Eine Perureise ohne Cajamarca, da fehlt was. Haben wir uns doch zu früh zurückgezogen, oder war es richtig? Zusammen mit Christa werden wir zu gegebener Zeit neu entscheiden müssen.
Eine Mitarbeiterin aus Christas Projekt hat eine Mutter mit Kleinkind zu uns nach Huaraz begleitet. Wir haben die anstehende Lippenspalt-OP durchführen können.

Huaraz

Nach 13 stündigem Transatlantikflug und 8 stündiger Busfahrt sind wir doch etwas geplättet in das 3200 Meter hoch gelegene Huaraz angekommen. Erstmalig zogen wir in ein Bergwandererhotel, nicht weit vom Zentrum und Hospital, ein. Dort erwartete uns ein ungewohnt reichhaltiges Frühstücksbuffet in gemütlichem Ambiente. Das hob die Stimmung und verscheuchte die Müdigkeit, so dass die Begrüßung und Patientenschau im Hospital kommen konnte.


Wie schon so oft warteten viele Familien schon auf dem Vorplatz. Da viele Bekannte dabei waren, war es wieder herzerweichend. Spätestens jetzt war es wieder sehr bewusst, was uns immer wieder antreibt Zeit und Organisationsaufwand für diese OP-Reisen nach Peru aufzubringen.
Offiziell wurden wir von dem stellvertretenden Direktor des Hospitals Dr. Yoni begrüßt. Es hätte kein Passenderer sein können. Mit ihm hatten wir bisher immer eine wichtige kinderärztliche Unterstützung unserer kleinen Patienten mit ihren oft zusätzlichen gesundheitlichen Problemen. Auch dieses Mal war er eine unverzichtbare Hilfe.
Von den vielen Patienten, die wir untersucht haben, haben wir an 6 OP-Tagen 27 operiert. Neben den typischen etappenweisen Operationsschritten zum Verschluss einer Lippen- Kiefer- Gaumenspalte waren auch wieder außergewöhnlich Fälle dabei.
So haben wir bei einem Kind einen sechsten Zeh entfernt, der immer im Schuh drückte.


In einem vierstündigem Eingriff eine komplette Nasenseptum- Nasen- und Lippenkorrektur bei einem jugendlichen Patienten, welchen wir schon einmal wegen Zeitmangel vertrösten mussten, durchgeführt.


Weiterhin:
- das Auffüllen einer Kieferspalte mit einem Beckentransplantat bei einem Kind mit gesicherter kieferorthopädischer Weiterbehandlung
- den Verschluss einer Gaumenperforation als Folge einer komplexen Mittelgesichtsverletzung mit Oberkiefersprengung nach Sturz von einem Dach
- viele sogenannte Sekundäroperationen nach unglücklich verlaufenen Wundheilungen, aber auch notwendige Korrekturen nach offensichtlich schlechten Erstoperationen
- die chirurgische Infektionssanierung eines Patienten aus der Regenwaldregion, welchen wir bereits zur Jahrtausendwende in Oxapampa und danach aufwendig in Deutschland operiert haben


Um in diesen wenigen OP-Tagen möglichst viele Eingriffe durchführen zu können, sind wir mit einem Team gereist, das auf fast allen Aufgabenpositionen doppelbesetzt war. Unsere Wunschvorstellung war, dass wir zwei OP-Säle nutzen können. Wir mussten aber damit rechnen, dass mit einer hohen OP-Frequenz der peruanischen Kollegen diese nicht erfüllbar war. Letztlich sind wir aber mit einem Saal und einem zum Aufwachraum umfunktionierten OP- Raum gut ausgekommen. Wir haben uns abgelöst und oft bis sehr spät operiert.
Letztendlich hatten wir noch etwas OP-Kapazität frei. Bei den vielen angesehenen Patienten waren relativ wenige neue, also in der Zwischenzeit neugeborene und wenige aus entlegenen Bergregionen.
Mit unseren peruanischen Mitstreitern sind wir dabei die Gründe zu erörtern und ggf. das nächste Mal effektivere Wege des Informationsflusses und des Patiententransportes zu finden.
Eine Geschichte muss noch erzählt werden, die des kleinen Noe.


Er war es, den wir mit seinem Vater bereits auf dem Flughafen getroffen haben. Beide sind den weiten Weg aus der Regenwaldregion in der Nähe von Pichanaki gekommen.
Noe haben war bereits 2010 während unserer letzten Kampagne in La Merced operiert. Schon damals war das gerade ein Jahr alte Kind deutlich unterentwickelt, was nicht nur an der Unterernährung liegen konnte. Wir vermuteten einen Herzfehler, bei dem sich arterielles und venöses Blut vermischt und damit ein ständiger Sauerstoffmangel im Blut und Gewebe vorliegt. Die Operation war ein Risiko. Aber wir wollten erreichen, dass sich mit diesem ersten, die Lippenspalte verschließenden Eingriff, die Akzeptanz für das Kind in der Familie erhöht und die Nahrungsaufnahme verbessert wird. Mit eindringlichen Hinweisen von einem Pädiater des Hospitals und von uns, über die Notwendigkeit einer weiteren kinderärztlichen und kardiologischen Diagnostik, haben wir die damals das Kind begleitende Großmutter verabschiedet. Ein verabredeter Kontakt ist jedoch abgerissen. Die Familie und das Kind waren für uns nicht mehr erreichbar.


Werner Weiß und Hartmut Götze ist es zu verdanken, dass sie sich während einer Perureise nach Pichanaki aufmachten Noe zu finden, was tatsächlich gelang. Bei einer schwierigen familiären Situation hat sich trotz erneut angebotener Unterstützung bis heute für Noe nichts geändert. Die notwendige Diagnostik, ggf. in Lima, ist ausgeblieben. Er ist für sein Alter deutlich zu klein und hat die typischen Symptome einer Sauerstoffarmut. Bei aller Freude über das Wiedersehen war uns jedoch klar, dass eine die Gaumenspalte verschließende Operation (mit größerem Blutverlust verbunden) nicht möglich war.


Mit Hilfe von Tania Castillo konnte wir aber einen Kontakt zum Hospital in Pichanaki herstellen, die Ungereimtheiten in der Krankenversicherung Noe’s klären und den korrekten Weg zum kinderchirurgischen Hospital in Lima ebnen. Wir hoffen sehr, dass damit das Kind endlich die dringend notwendige Diagnostik und Therapie erhält.
Wie geht es weiter? Noch werden wir gebraucht in Peru. Eine nächste OP-Reise in zwei Jahren haben wir mit unseren peruanischen Freunden schon anvisiert. Mit der mexikanischen Botschaft in Berlin sind wir dabei einen OP-Einsatz im südlichsten Bundesstaat Chiapas für das nächste Jahr zu organisieren.
Im Namen des ganzen Teams
Dr. Andreas Pöhl

Peru 2018 - Elisabeth 15 Jahre

Ich hatte dieses Jahr das erste Mal die Möglichkeit, das OP-Team nach Peru zu begleiten. Schon seit ich denken kann, und noch länger, fährt meine Mutter (Anke) jedes oder jedes zweite Jahr nach Peru. Natürlich hat sie uns Kindern dann immer eine Menge zu erzählen gehabt. Dies und auch die vielen tollen Fotos waren immer ein kleines Highlight, wenn sie wieder da war. Jetzt bin ich 15 und habe nun endlich auch einmal mitfahren können, nachdem ich mir so oft gewünscht hatte, selbst einmal alles mit zu erleben. Im Vorfeld hatte ich einige Bedenken. Werde ich mich mit dem Team gut verstehen? Kann ich mich überhaupt zurechtfinden in einem Land, von dem ich nicht einmal die Sprache gut kann? Ich bin sehr froh, dass ich mich von diesen Gedanken nicht habe abschrecken lassen. Ich habe mich im Team äußerst wohl gefühlt und auch die Herzlichkeit der Peruaner hat mich sehr überrascht. Die Leute im Krankenhaus waren auch immer ausgesprochen nett und haben sich auch nicht an meinen nicht allzu guten Spanisch-Kenntnissen gestört. Schon am ersten Tag, als wir am Krankenhaus ankamen und die große Wiedersehensfreude aufkam, wurde ich allen vorgestellt und gleich herzlich begrüßt, als wäre auch ich eine alte Bekannte. Die Dankbarkeit der kleinen Patienten zu sehen, nachdem sie erfolgreich operiert wurden, war eines der schönsten Dinge auf der Reise. Etwas geschockt hat hat mich allerdings das Krankenhaus selbst. In manchen Bereichen war alles sehr steril, aber, dass streunende Hunde durch Krankenhausflure laufen, ist in Deutschland nur schwer vorstellbar. Auch, dass der Eingangsbereich meist so voller wartender Patienten war, dass man sich mit einem „permiso“ (Entschuldigung) den Weg bahnen musste, kennt man nicht aus Deutschland. Jedoch haben sie dir dann immer mit einem Lächeln auf dem Gesicht Platz gemacht und nicht schief angeguckt nach dem Motto „Du drängelst dich vor!“ Alles in allem war meine erste Peru-Reise eine unglaublich große Erfahrung. Im Nachhinein ist es sehr schwer fassbar, dass man wirklich da war. Die Zeit ist so schnell verflogen, dass man es kaum mitbekommen hat. Ich möchte auf jeden Fall, sollte es klappen, irgendwann noch einmal mitfahren und alles noch einmal neu erleben, enn das ist der lange Flug und der Jetlag auf jeden Fall wert.

Fritzi 18 Jahre: Die erste große Reise

Das erste Mal den Kontinent verlassen. Das erste Mal fliegen. Das erste Mal im OP stehen. Das erste Mal so hoch in den Bergen sein. Das erste Mal eine ganz andere Kultur kennen lernen.
Im Oktober dieses Jahres ging es für mich auf ein ganz großes Abenteuer. Zusammen mit dem MKG-Peru Team vom DRK bin ich nach Peru gereist. Mein Papa fährt nun schon seit einigen Jahren mit diesem Team nach Südamerika. Dieses Jahr hab ich die Schule beendet und konnte auch endlich mal mit und gucken, wo Papa schon einige Male hingereist ist.


Ich habe auf der Reise den Part des Fotografierens übernommen und mir zur Aufgabe gemacht, im Backround Bilder zu machen. Mein Ziel war es den täglichen Alltag im Team fest zu halten. Um das machen zu können, habe ich versucht überall dabei zu sein. Es fing an mit den Voruntersuchungen der Patienten mit immer ca. zehn Personen in einem kleinen Raum. Dabei sind Bilder entstanden von kleinen Kindern in riesigen Behandlungsstühlen die ihren Mund nicht aufmachen wollen oder Bilder von Eltern, denen man versucht zu erklären, welcher Eingriff bei ihrem Kind vorgenommen wird. Nach den zwei Tagen Voruntersuchung folgte dann eine Woche OPs. Ich muss sagen, vor den OPs hatte ich von Anfang an am meisten Respekt, sogar mehr Respekt als vor dem Hinflug. Meine Angst war, dass ich umkippen würde und dann keine Fotos hätte machen können vom wichtigsten Part dieses Projektes. Aber als ich dann das erste Mal bei einer Operation dabei war, passierte nichts von alle dem. Es war eine Lippenspalte die operiert wurde, ich konnte festhalten wie die Korrektur an der Lippe angezeichnet, wie der erste Schnitt gemacht und wie die Lippe am Ende vernäht wurde. Und so war auch die nächste Operation überhaupt kein Problem für mich.
Neben dem Krankenhausalltag hatte ich auch Zeit, um das Land und Leute näher kennen zu lernen. Denn auch das wollte ich in meinen Fotografien festhalten. So bekam ich bei einer Wanderung in die Berge, wo die Luft noch knapper wurde, eine Frau aus dem Bergdorf vor die Linse, die uns stolz die Lämmer ihrer Herde präsentierte, aber auch wunderschöne Bergseen und beeindruckende Kakteen.


Diese Reise war eine der krassesten Erfahrungen, die ich in meinem Leben je gemacht habe. Ich habe viele beeindruckende Dinge gesehen, herzliche Menschen kennengelernt und vor allem habe ich eine ganz andere Seite der Welt entdeckt. Eine Welt in der die Anwesenheit von Hunden in Krankenhäusern ganz normal scheint, in der man zusammen Mittag auf den Bürgersteigen isst und in der durchgängiges Hupen im Straßenverkehr eine Selbstverständlichkeit ist. In dieser Welt leben Menschen, für die das alles ganz normal ist und die aufzeigen, dass man auch unter diesen Bedingungen gut leben kann.
Ich bin dankbar, dass ich diese Erfahrung machen konnte und dabei in einem coolen Team war, in dem ich mich gut aufgehoben fühlte. Am liebsten würde ich beim nächsten Mal gleich wieder mit fahren.
Weitere Informationen und unser Spendenkonto sind auf unserer Internetseite zu finden.